Text: Thorsten Bayer
Der Text erschien in Ausgabe 4 (07/25).
Lesezeit 3 Min.
Von Liebe, Luft und Leidenschaft
Das 7. Internationale Blasmusik-Camp in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Blasmusikverband führt junge Leute von überall her nach Bregenz. Brass Amore ist dieses Jahr der Titel des Projekts. Dass man der Blasmusik hierzulande besonders viel „Amore“ entgegenbringt, zeigt auch eine aktuelle Sonderausstellung im vorarlberg museum.

Der Himmel voller Blasmusik: Noch bis Dezember 2025 ist die Ausstellung tuten & blasen im vorarlberg museum zu erleben.
Vorarlberg hat 96 Gemeinden – und 129 Blasmusikvereine. 8.000 aktive Mitglieder, darunter 2.000 Jugendliche, zählt der Vorarlberger Blasmusikverband (VBV) und ist damit einer der größten Vereine des Landes. Schon die Zahlen zeigen, welch hohen Stellenwert „die Musi“ zwischen Bodensee und Silvretta, zwischen Feldkirch und Kleinwalsertal hat. Die Sonderausstellung im vorarlberg museum, die den angenehm selbstironischen Titel tuten & blasen trägt, wurde bis Ende 2025 verlängert.
Doch die Statistik ist nur das eine – wer mit (ehemaligen) Verantwortlichen und Mitgliedern der Vereine spricht, der spürt, was das Phänomen Blasmusik hierzulande ausmacht. Wolfram Baldauf ist ein gutes Beispiel.
Nach 22 Jahren hat er 2024 das Amt als VBV-Obmann abgegeben und erzählt mit verschmitztem Lächeln eine Episode: „Ein Pfarrer hat mir einmal gesagt: ‚Eine Gemeinde ohne Blasmusik ist wie ein Kirchturm ohne Glocke.‘“
Beat Gugger, Kurator von tuten & blasen, sieht die Blasmusik als „kulturhistorisches Phänomen“. Der Schweizer hat gemeinsam mit dem Musiksoziologen Thomas Felfer die Ausstellung konzipiert. Auch ausgesuchte Musiker:innen kommen darin zu Wort. Eine von ihnen ist Helga Pedross, der als Kind in den 1960er-Jahren der Zugang zu der damaligen Männerdomäne Blasmusik verwehrt blieb. Mit dieser Ausstellung wird die facetten- reiche Geschichte des VBV beleuchtet und sein 100. Geburtstag im Vorjahr, der den Impuls für die Ausstellung gab, gebührend gewürdigt.

Brass Amore im Festspielhaus
Ein denkwürdiger Moment: Im August 2024 stellten Musikant:innen auf beiden Seiten des Rheins einen Weltrekord auf, indem sie eine rund vier Kilometer lange Reihe bildeten und Schulter an Schulter spielten. So wurde der häufig zitierte Satz augenfällig: Musik verbindet. Diese Verbindung spüren die Teilnehmer:innen des Internationalen Blasmusik-Camps deutlich. Fünf Tage lang verbringen sie gemeinsam, wie schon in vergangenen Ausgaben unter der fachkundigen Gesamtleitung von Martin Kerschbaum. Er ist Mitglied der Wiener Symphoniker und bringt zehn Orchester-Kolleg:innen aus verschiedensten Instrumentengruppen mit – von Piccoloflöte bis Tuba, von Klarinette bis Schlagwerk. Das Camp richtet sich an ambitionierte Blasmusiker:innen ab 16 Jahren, Erwachsene sind ebenfalls herzlich willkommen. Krönender Abschluss des Camps: das Konzert am 10. August im Großen Saal des Festspielhauses. Dabei erklingen unter anderem Werke von Gioachino Rossini und Carl Maria von Weber, deren Musik auch im aktuellen Festspielprogramm zu hören ist, sowie Kompositionen von Alfred Reed, John Philip Sousa und John Williams.

Alle zwei Jahre steht das Abschlusskonzert des IBC auf dem Programm der Bregenzer Festspiele - und begeistert mit der eindrucksvollen Klangvielfalt der Instrumente.
Die Kraft der Blasmusik
Zurück zu tuten & blasen: „Blasmusik ist immer auch ein Ganzkörpergefühl“, sagte Beat Gugger in einem Interview mit der Zeitschrift Kultur. Diesem Gedanken wird in der Ausstellung Rechnung getragen. Das geht bereits am Eingang los, wenn Besucher:innen und eine Blaskapelle direkt aufeinander zuschreiten, über sich einen Himmel voller Instrumente. An einer anderen Stelle betreten sie eine nach außen abgedichtete Soundbox – und spüren unmittelbar die Kraft der Blasmusik. Kritische Aspekte, wie die politische Vereinnahmung der Blasmusik, werden nicht ausgespart.
Besonders im Gedächtnis bleiben Interviews mit Musiker:innen vor und nach den Proben, die vom besonderen Zusammenhalt im VBV und gewachsenen Freundschaften erzählen, sowie die Erkenntnis, wie viel Ehrenamt im Spiel ist: bei der Nachwuchsförderung, der Organisation von Festen oder der Tätigkeit als Wettkampfjuror:in.