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Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
In Giuseppe Verdis La traviata hofft Violetta auf Akzeptanz durch das bürgerliche Milieu, in Leoš Janáčeks Die Ausflüge des Herrn Brouček verliert sich ein kleinbürgerlicher Träumer in fantastischen Welten. Die Bregenzer Festspiele 2026 stellen auf der Seebühne und im Fest-spielhaus scheinbar gegensätzliche Werke nebeneinander – und erzählen doch zweimal von der gleichen Sehnsucht: irgendwo ganz man selbst sein zu dürfen.

Nicolas Party, Face to Face, 2018, Courtesy the artist and Hauser & Wirth; Foto: Isabelle Arthuis
Die Ausflüge des Herrn Brouček
Matěj Brouček will eigentlich nur eines: seine Ruhe. Die Welt da draußen ist ihm zu laut, zu kompliziert, zu anstrengend. Lieber verkriecht er sich in die Sicherheit seiner eigenen vier Wände. Doch das Leben hat andere Pläne: Brouček wird aus seiner Komfortzone gerissen – erst auf den Mond geschleudert, dann ins Prag des 15. Jahrhunderts. Ihn erwarten groteske Gesellschaften, skurrile Prüfungen und eine Vergangenheit, die überraschend aktuell wirkt. Doch verändern ihn diese Reisen wirklich – oder bleibt er am Ende doch der Alte?
Mit Die Ausflüge des Herrn Brouček schuf Leoš Janáček eine Oper von beißendem Witz und tiefgründiger Komik – eine Satire auf bürgerliche Selbstzufriedenheit, moralische Bequemlichkeit und die ewige menschliche Unfähigkeit, aus der Geschichte zu lernen. Janáčeks Musik bewegt sich mit virtuoser Leichtigkeit zwischen Ironie und Ernst, zwischen Walzerseligkeit und leidenschaftlichen Chören, zwischen Alltäglichkeit und Utopie.
In der Inszenierung des US-amerikanischen Regisseurs Yuval Sharon wird Brouček nicht bloß als torkelnder Kleinbürger gezeichnet, sondern als ein Mensch, der seine eigene Engstirnigkeit nicht erkennt. Ein Opernabend voller feinsinnigem Witz und existenzieller Tiefe.
Die Ausflüge des Herrn Brouček
Leoš Janáček
23. Juli 2026 – 19.30 Uhr Premiere
Festspielhaus, Großer Saal

Nicolas Party, Portrait with Lotus Flowers, 2024, Courtesy the artist and Hauser & Wirth; Foto: Adam Reich
La traviata
In einem rauschenden Meer aus Champagner, Tanz und Eleganz genießt Violetta Valéry das pulsierende Leben der Pariser Gesellschaft. Doch hinter der funkelnden Fassade verbirgt sich eine Frau, deren Herz mehr sucht als Glanz und Vergnügen. Als der junge Alfredo Germont ihre Welt betritt, scheint ein anderes Leben greifbar – eines, das auf Liebe und Aufrichtigkeit gründet. Doch in einer Welt, in der Geld und der gesellschaftliche Ruf über allem stehen, bleibt für Gefühle wenig Raum.
Mit La traviata schuf Giuseppe Verdi eine Oper von schmerzlicher Schönheit – mit ergreifenden Arien, packenden Chorszenen und einem Orchesterklang, der Sehnsucht und Drama dieser tragischen Liebesgeschichte in jeder Note spürbar macht. Die musikalische Leitung übernehmen Kirill Karabits und Pietro Rizzo, die erstmals bei den Bregenzer Festspielen zu erleben sind.
Für die Inszenierung verlegt der italienische Regisseur Damiano Michieletto die Handlung in die glanzvolle Welt der Roaring Twenties. Vor dem Hintergrund schillernder Jazzklubs und dekadenter Abendgesellschaften, zwischen Lebenshunger und Zerbrechlichkeit muss Violetta eine Entscheidung treffen, die ihr Schicksal unwiderruflich besiegelt.
La traviata
Giuseppe Verdi
22. Juli 2026 – 21.15 Uhr Premiere
Seebühne